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Der sechste Tag

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© 2005-2009, Alexander Glintschert
Zuletzt geändert: Sonntag, 11. Juli 2010

Die graue bunte Stadt am Harz

Der letzte Tag. Schon ist er angebrochen. Wie schnell ist dieser kurze Urlaub doch vergangen. Und weil Wernigerode das offenbar genauso sieht wie ich, hat es sich zur Trauer des Tages in Grau gehüllt - das Grau eines Regentages. Der Tag beginnt mit Regen, der sich, mal tröpfelnd, mal wie aus Eimern schüttend, vom Himmel herabstürzt, unterbricht seine Trauer nur durch gelegentliche kurze wasserfreie Phasen und begibt sich schließlich, weiter regnend, zur Ruhe.

Mir ist das gar nicht so unrecht, auch wenn ich etwas weniger Wasser von oben durchaus zu schätzen gewußt hätte. So kann ich diesen Tag nutzen, meinen Urlaub ruhig ausklingen zu lassen und meine Notizen ein wenig zu ordnen.

Wernigerode - Stadtführung - KleinAm Vormittag nehme ich noch an einer kleinen Führung durch die Wernigeröder Altstadt teil, die sich als recht unterhaltsam und lehrreich erweist. Der Stadtführer ist ein netter Kerl und äußerst umgänglich. Er gestaltet den Rundgang mit seiner lockeren Art sehr abwechslungsreich und streut hier und da einen zwanglosen Scherz in seine Erklärungen ein. Wenn auch nicht alle seine Witze ins Schwarze der humoristischen Zielscheibe treffen, so wirken sie dennoch nicht aufgesetzt. Seine humorige Art wirkt sehr authentisch und ich merke deutlich, daß es hundertprozentig der Wahrheit entspricht, als er uns erklärt, daß er quasi aus Überzeugung Einwohner von Wernigerode sei und diese Tätigkeit, der er zu einem guten Teil ehrenamtlich nachgeht, aus Spaß an der Freude und mit einer gehörigen Portion Enthusiasmus ausübt.

Und so erfahren wir so mancherlei über die Stadt, ihre Geschichte und die der einzelnen Bauwerke, die wir den zahlreichen kleinen Täfelchen allerorten an den Häusern noch nicht hatten entnehmen können. Dies ist mit mancherlei Anekdoten gewürzt, die uns an den passenden Stellen aufgetischt werden. Für deren Wahrheitsgehalt die Hand ins sprichwörtliche Feuer legen möchte er freilich nicht.

Wernigerode - Stadtführung 3 - KleinÜber Feuer hören wir allerdings einiges, was nicht sonderlich erfreulich ist. Er berichtet uns von den Feuersbrünsten verschiedener Jahrhunderte, die schließlich nur durch die Brandmauern, die man zwischen den Häusern errichtet hatte, gestoppt werden konnten. Und auch wenn wir einige davon heute noch sehen können, gab es damals davon leider wohl zuwenige, denn manches Mal brannte die halbe Stadt nieder.

An einer schmalen Gasse an der ehemaligen Stadtmauer erzählt er uns die Geschichte, wie die Forelle ins Stadtwappen von Wernigerode gekommen sein soll. Zwei Stadtwachen, die nachts an dieser Stelle, wo wir uns gerade befinden, Wache standen und im nahen Wassergraben vor der Mauer Geräusche hörten, wurden darüber von Angst gepackt und nahmen an, es sei Gefahr im Verzuge. Sogleich schlugen sie Alarm. Zunächst traute sich keiner - auch oder gerade die Honorigen der Stadt nicht -, mitten in der Nacht nachzusehen. Als es schließlich doch jemand wagte, entdeckte man eine große Forelle, die sich am Ufer verfangen hatte. Um diesem peinlichen Vorfall doch noch etwas Gutes abzugewinnen, sollen daraufhin die Ratsherren der Stadt die Forelle ins Stadtwappen übernommen haben.

So richtig einleuchten will mir die Geschichte als Erklärung nicht. Warum sollten die Beteiligten diese für sie etwas peinliche Begebenheit der Nachwelt dadurch überliefern, daß sie sie zum Anlaß nahmen, das Stadtwappen zu verändern? Aber ob es nun wahr ist oder nicht - eine gute Geschichte, die man Touristen auf einer Stadtführung an einer Gasse an der ehemaligen Stadtmauer, in der sonst nichts weiter zu sehen ist, erzählen kann, ist es allemal.

Auch der Brunnen auf dem Marktplatz wird uns gezeigt - allerdings müssen wir unsere Phantasie bemühen, um ihn zu sehen, da er gerade durch Abwesenheit glänzt. Er wird nämlich gerade restauriert, da ihn, obwohl er mitten in der Fußgängerzone steht, ein Lkw gerade mal wieder angefahren hatte. Und mit dieser nicht vorhandenen Sehenswürdigkeit findet unsere kleine Führung durch die Stadt ihren leicht verkorksten Abschluß. Ein Dank an den trotteligen Lkw-Fahrer.

Da es auch jetzt gerade wieder einmal Strippen regnet, nehme ich die eben verstrichene Mittagszeit zum willkommenen Anlaß und setze ich mich in das nahegelegene Café am Markt, wo ich den Nachmittag bei einem guten Kaffee mit dem Schreiben meines Reiseberichts verbringe. Während ich hier sitze, hört es draußen nicht mehr auf zu regnen. Drinnen ist es gemütlich warm und der Kaffeeduft trägt seinen Teil zur anheimelnden wohligen Atmosphäre bei, während das Wasser über dem Marktplatz vom Himmel fällt und an den Scheiben des Cafés herabrinnt. Als es schließlich Abend wird, wage ich mich dann doch nach draußen und wandere heimwärts in mein Hotel, und nach einem ausnehmend guten Abendessen lasse ich den Tag bei einem guten Buch langsam vergehen, und mit ihm endet für mich ein trotz dieses letzten Regentages sehr schöner Urlaub.

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